Finnen Systeme & Finnen Set-ups

Finnen Know How - Teil 1

Wenn es um Surfboard Finnen geht, verlieren selbst erfahrene Surfer schnell die Übersicht. Zu vielfältig sind die unterschiedlichen Systeme, Set-ups, Materialien, Formen und Größen. Da Finnen aber einen enormen Einfluss auf das Fahrverhalten des Surfboards und damit auch auf dein Surferlebnis haben, wollen wir den Themenkomplex im Folgenden möglichst leicht verständlich vom Groben bis ins Detail aufdröseln…

In unserem ersten Teil knöpfen wir uns erstmal die unterschiedlichen Finnen Systeme und Set-ups (also mögliche Konfigurationen) vor. Im zweiten Teil beschäftigen wir uns dann mit der Frage wie du das Finnen Set findest (anhand der Faktoren Größe, Material und Shape), das am besten zu dir passt.

Two Tab, Single Tab, FCS II, US-Box & Co

Finnen Systeme

Im Gegensatz zu Glassed on Finnen bieten Finnen Systeme die Möglichkeit Finnen auszutauschen und zum Reisen abzumontieren.

Die weitverbreitetsten Systeme stammen von FCS und Futures, die weltweit in schätzungsweise über 90% aller Surfboards verbaut werden. Beide sind sehr funktional, bieten eine extrem breite Palette an unterschiedlichen Finnen Sets und Technologien und sind weltweit in Surfshops zu finden.

Longboards und auch kürzere Surfboards, die eine große Centerfinne von 6’ und mehr verwenden, nutzen das universelle US-Box System.

Wir schauen uns zunächst mal alle bei uns erhältlichen Systeme im Detail an…

FCS & Two Tab Finnen

Two Tab Finnen (oder auch Dual Tab genannt) wurden jahrelang exklusiv von FCS angeboten. Mittlerweile gibt es Two Tab Fin Sets auch von anderen Anbietern wie z.B. Captain Fin. Die beiden Tabs werden in die Fin Plugs eingeführt und mit Madenschrauben gesichert. Die Idee hinter den beiden schmalen Tabs ist die einer Soll-Bruchstelle: Wirken bei einer Kollision zu hohe Kräfte auf die Finne, sollen die Tabs brechen, bevor das Surfboard und die Fin Plugs Schaden nehmen. Daher bevorzugen wir Two Tab Finnen gegenüber FCS II für das Rapid Surfen.

FCS II System

Das FCS II Finnen System kommt ohne Schrauben und Werkzeuge aus. Einfach die Finne vorne einstecken und hinten einklicken - fertig! Die Plugs sind gleichzeitig abwärts kompatibel mit dem klassischen FCS System, sodass alle "normalen" FCS und FCS-kompatiblen Two Tab Finnen verwendet werden können. Hierzu braucht man lediglich das FCS II Tab Infill Kit, das FCS Schrauben, Fin Key und Tabs zum Schließen der Lücke vor den Finnen beinhaltet.

Futures & Single Tab Finnen

Single Tab Finnen werden mit nur einer Schraube im Fin Plug befestigt und in einer Vielzahl von Shapes und Bauweisen neben Futures auch von Captain Fin, Endorfins, Firewire u.a. angeboten. Der Vorteil gegenüber Two Tab Finnen Systemen ist, dass die Finnen Basis mit mehr Fläche im Board verankert ist, was wiederum mehr Drive und eine direktere Druckübertragung begünstigt. Auch die Sollbruchstelle unter der Madenschraube funktioniert zumindest bei frontalen Stößen (wie sie beim Surfen im Ozean meistens passieren) besser als bei FCS.

Single Fins

Das US-Box Single Fin System wurde entwickelt, um große (Longboard) Finnen stabil in Surfboards einsetzen zu können, ohne sie anlaminieren zu müssen. Wir führen Longboard Finnen von Captain Fin, FCS, Makai und norden. Während die ersten drei klassisch mit Unterlegplättchen und Schraube funktionieren, setzt FCS parallel auf ein FCS II Klicksystem, das ohne Werkzeug funktioniert und auch ein Verändern der Finnenposition während der Surfsession zulässt. Im Gegensatz zum FCS II Shortboard Finnen System sitzt der Scharnier hier in der Finne selbst und nicht im Plug. Dadurch sind FCS II Longboard Finnen universell einsetzbar, nur mit US Boxen der Marke Futures funktionieren sie teilweise nicht. Diese Finnen sind an der Bezeichnung FCS II im Artikelnamen zu erkennen.

Sonstige Systeme

Neben den oben genannten Finnen Systemen gibt es eine Vielzahl kleinerer Systeme, die entweder nur lokale oder herstellerspezifische Relevanz haben. Die Anzahl dieser “Nischen Systeme” hat sich in den letzten Jahren stark reduziert. Wir führen unter anderem Tahé’s (ehemals BIC) Fin-Loc System, Lib Tech’s FOC Finnen (wobei die Plugs hier auch mit Two Tab und FCS II Finnen kompatibel sind) und spezielle Anfänger Finnen für Softboards.

Thruster, Quads, Twins , Single Fins & Co

Finnen Set-ups

Ist das Finnen System meist sowieso durch die Auswahl des Surfboards vorgegeben, so wird es beim Thema Finnen Set up erst so richtig interessant. Zumal moderne Surfboard Shapes in der Regel mehrere Konfigurationen zulassen und die Auswahl eine Frage individueller Präferenzen und Wellenbedingungen ist. Schauen wir uns zunächst einmal die gängigsten Set ups moderner Surfboards an:

Default Set-up für Einsteiger und Könner

Thruster

Das Tri Fin Set up, das durch Simon Anderson populär wurde, hat Anfang der 80er Jahre begonnen, alle anderen Finnen Set ups aus dem Mainstream zu drängen und das moderne Shortboard Surfen bis heute geprägt.

Alle drei Finnen sind gleich groß. Für Boards bis ca. 8ft bringt dieses Set-up eine ausgewogene Balance aus Wendigkeit und Kontrolle, mit der man nicht viel falsch machen kann.

Es ermöglicht mühelosere und engere Turns als Set ups mit großer Center Finne. Gleichzeitig bringt die zentrale Finne mehr Kontrolle und Halt als Set ups ohne Center Finne wie Quads und Twins. 
Für längere Boards ab 8ft wird in der Regel eine deutlich größere Center Finne benötigt (1+2 Set-up).

Thruster Alternative für Boards ab 8ft+

1+2 Set up

Beim 1+2 Set-up wird eine große Single Fin wird mit zwei kleinen Seitenfinnen kombiniert - ein Set-up, das heutzutage bei den meisten nutzerfreundlichen Allround Longboards und Midlengths zum Einsatz kommt.

Die Idee und Eigenschaften sind denen des Thrusters sehr ähnlich. Da ein längeres, voluminöseres Surfboard ab ca. 8 ft  aber mehr Hebelwirkung zur effizienten Lenkung erfordert, wird hier eine deutlich größere Mittelfinne (7ft und länger) eingesetzt. Dafür werden die Seitenfinnen deutlich kleiner gemacht, damit sich das Surfboard nicht zu langsam und plump anfühlt.

Dieses Set-up hat mehr Drive als ein reines Single Fin Set-up. Auch ermöglichen die Side Bytes ein leichteres Initiieren und Kontrollieren von Turns. Es ist ebenfalls eine gute Wahl für Midlength- und Egg-Boards, die kürzer als 8 ft sind.

Anfänger und SurferInnen, die es bezüglich Fin Set up simpel halten wollen, müssen eigentlich nicht viel mehr wissen und können getrost zum zweiten Teil des unseres Finnen Know How springen, wo wir uns mit der Auswahl der passenden Finnen beschäftigen.

Für alle Anderen möchten wir im Folgenden noch einmal ein bisschen tiefer in die Surf Eigenschaften alternativer Set-ups eintauchen.

Speed & Kontrolle

Quad Set-up

Quads (4 Fin Set up) stehen seit jeher im Schatten des Thruster Set ups. Dabei sind sie eine durchaus empfehlenswerte Alternative, insbesondere für Shortboards, Hybrids und Fish Surfboards. Hier werden auf jeder Rail Seite zwei Finnen hintereinander platziert, die jeweils wie die Seitenfinnen beim Thruster Set up in einem Winkel nach vorne und zur Seite stehen. Die hinteren Finnen (Quad Rears) sind kleiner als die vorderen.

Du kannst Quad Finnen entweder in einem kompletten Viererset kaufen oder aber auch einfach deine Thruster Seitenfinnen mit Quad Rear Finnen deiner Wahl kombinieren.

Wie verhalten sich nur Quads im Vergleich zu Thrustern? Diese Frage ist gar nicht mal so leicht zu beantworten, da die Antwort sehr stark von der Auswahl des Finnen Sets und des Surfboard Shapes abhängt. Generell gilt:

  • Der Verzicht auf eine Center Finne bewirkt weniger Wasserwiderstand. Dadurch fühlen sich Quads in der Regel schneller als Thruster an, solange die Welle genug Kraft hat. In sehr schwachen, kleinen Wellen ist das ein zweischneidiges Schwert: Einerseits erfährt das Tail beim Surfen durch die Winkel der Seitenfinnen einen stärkeren Auftrieb (Lift) und gleitet dadurch müheloser über schwache Sections, andererseits fehlt gerade kraftvollen Shortboardern die Center Finne, um beim Pumpen Vorwärts-Momentum zu generieren.

  • Die fehlende Center Finne kann, wenn sie durch entsprechend kleine (und aufrechte) Quad Rears ersetzt wird, zu einem looseren Surfgefühl führen, da die hinteren Finnen weiter vorne im Tail positioniert sind. Das gibt dem hinteren Fuß mehr Fläche hinter der letzten Finne. Wird die Mittelfinne hingegen durch relativ große Quad Rears ersetzt, können sich Quads auch “sticky” anfühlen - durch den starken Lift und Hold wird es schwierig das Board aus der Geradeausfahrt in den Turn zu bringen. Genau dieses Szenario ist der Grund, warum Quads bei vielen Surfern in Verruf geraten sind. Unserer Meinung liegt das aber eher an suboptimaler Finnenwahl als am Quad Set-up an sich.

  • Zwei Finnen unter jedem Rail zu haben, gibt im Turn mehr Halt. Man kann das Surfboard auf dem Rail härter pushen und damit mehr Geschwindigkeit durch Carves halten/generieren. Allerdings wird insbesondere bei relativ großen Quad Rears mit viel Rake der Turn Radius größer. Ob dieser Effekt überwiegt oder ob das Tail im Gegenteil er looser durch den zuvor beschriebenen Effekt wird, liegt - du ahnst es schon - an der Wahl der Quad Rears.

Unser Fazit: Quads sind insbesondere bei Shortboards und Fishen mit breitem Tail eine gute Option, um Abwechslung ins altbekannte Thruster Feeling zu bringen. Sollte dein Surfboard fünf Fin Plugs haben, dann solltest du dir unbedingt ein Quad Rear Set zulegen und dieses probeweise mit deinen Thruster Seitenfinnen kombinieren. Ganz wichtig ist hierbei die richtige Auswahl von Shape und Größe (mehr dazu unten) der Quad Rears. Diese können definitiv den Unterschied zwischen einem gelungenen oder fehlgeschlagenen Experiment machen. Gerne helfen wir hier mit individueller Beratung!

Wahloption zwischen Thruster und Quad

Tri Quad Set-up

Gemeint ist hiermit das 5-Finnen-Set-up, das die Wahl zwischen Thruster- oder Quad Set ermöglicht. Insbesondere beim Kauf eines Daily Driver oder Hybrid Surfboards helfen Tri Quad Finnen Sets das Board immer ideal auf die unterschiedlichsten Wellenbedingungen abstimmen zu können.

Mit fünf Finnen werden Surfboards allerhöchstens mit einer zentralen Knubster Finne in Kombination mit einem Quad Finnen Set gesurft, um das Beste aus Quad und Thruster zu kombinieren. Diese Variante konnte sich bisher aber kaum durchsetzen.

Twin Fins

Das Twin Fin Set-up mit zwei großen Seitenfinnen war in den 70ern bei Shortboards am weitesten verbreitet, wurde aber im Zuge der Thruster Revolution ab den 80er Jahren zu einer Randexistenz für Retro Fishe verdonnert.

Mittlerweile erlebt es ein Revival und wird immer mehr mit modernen Performance Shortboard/Fish Shapes kombiniert. Die fehlende Centerfinne wird hierbei oft durch spezielle Surfboard Design Elemente wie Vee- oder Channel-Bottoms und eine besondere Fin Plug Positionierung weiter hinten im Board kompensiert.

Daher Vorsicht: Einfach ein Twin Fin Set in dein normales Thruster Surfboard, das nicht als Twinny konzipiert wurde, zu stecken ist selten eine gute Idee!

Ähnlich wie beim Quad Set-up bewirkt der Verzicht auf eine mittlere Finne weniger Wasserwiderstand, mehr Auftrieb und müheloses Initiieren von Turns. Durch die Reduzierung auf nur zwei Finnen bringen Twin Fins noch mehr Geschwindigkeit mit als Quads, bieten dafür aber weniger Halt und Kontrolle in Turns - ein sehr looses, spielerisches Surfgefühl ist das Ergebnis.

Twins übersetzen die Geschwindigkeit der Welle von allen Set-ups am direktesten auf das Surfboard und erzielen die höchsten Surfgeschwindigkeiten beim Down the Line / Highline Surfen. Gleichzeitig ist es schwieriger, mit Twin Fins selbst Geschwindigkeit zu erzeugen, wenn die Welle nicht viel anbietet. Auch kann man Twin Fins nicht so kraftvoll wie Quads oder Thruster surfen, da sie durch die fehlende Finnenfläche im hinteren Teil des Tails früher ausbrechen. Das macht es für SurferInnen, die jahrelange Thruster Erfahrung haben, oft schwierig, auf ein Twin Fin Set up umzusteigen.

Generell gilt es bei Twin Fins mit dem Flow und Speed der Welle im Einklang zu surfen und viel mit der Positionierung des hinteren Fußes zu arbeiten. Das ist nicht ganz einfach und erfordert einiges an Können und Erfahrung, weswegen wir Twin Fins eher für versierte SurferInnen mit offenem Mind Set empfehlen. Für diese Zielgruppe empfehlen wir dieses Set up aber umso bestimmter, da ein gutes Twin Fin Surfboard ein ganz neues Surf Feeling “freispielen” kann.

Mittlerweile gibt es ein sehr breites Spektrum von Twin Fins in allen Systemen, sodass man je nach Surf Stil und Surfboard Shape ganz unterschiedliche Eigenschaften aus dem Twin Fin Surfen herauskitzeln kann. Wir haben ein paar Twin Enthusiasten, die schon alle möglichen Kombinationen ausprobiert haben, in unserem Shop Team. Also melde dich gerne telefonisch oder per Mail für eine individuelle Beratung!

Kompromiss für Thruster Liebhaber

Twin Fin + Trailer

Beim 2+1 Set-up wird die Twin Fin Konfiguration um eine kleine Trailer Finne als Mittelfinne ergänzt, um mehr Kontrolle und Hold in Turns zu erhalten. Das ist aktuell ein sehr beliebter Kompromiss zwischen Twin und Thruster, der nicht zuletzt Thruster-erprobten SurferInnen den Übergang zwischen den beiden Systemen erleichtern soll.

In größeren, schnellen Wellen ist dieses Set-up eine gute Variante, um dem Twinny etwas mehr Grip zu geben. In schwachen Wellen hilft die kleine Trailer Finne, um beim Pumpen mehr Vorwärts-Momentum zu generieren. Allerdings darf man auch nicht unterschätzen, wie viel zusätzlichen Wasserwiderstand die kleine Trailer Finne mit sich bringt. Für Twin Fin Puristen reicht das schon, um den Reiz des reinen Twin Fin Surfens zu nehmen.

Die meisten modernen Twin Fin Shapes bieten die Option für eine Trailer Finne und die meisten Twin Fin Sets sind mit optionaler Trailer Finne erhältlich. So kann man für sich austesten, welche Variante bevorzugt wird.

Single Fin

Single Fin meint das Surfen mit nur einer einzelnen, großen Finne, in der Regel mit US-Box System. Vor der Shortboard Revolution gab es fast ausschließlich Single Fin Surfboards. Heutzutage nutzt man dieses Set-up nach wie vor bei Old School Longboards, Logs, Noseridern oder Eggs.
Da hier nur über eine einzige Finne gesurft wird, muss diese entsprechend groß und steif sein, um eine ausreichende Board-Kontrolle zu ermöglichen.

Die große Mittelfinne bringt viel Wasserwiderstand mit sich, wodurch das Tail tiefer und ruhiger im Wasser liegt - nicht besonders gut für modernes Surfen mit schnellen Turns geeignet, aber umso mehr für ruhiges Longboarden, smoothe Railwechsel und viel Halt bei Noserides.

Durch den Verzicht auf Seitenfinnen sind Turns etwas schwieriger zu initiieren und zu kontrollieren. Longboarder mit guter klassischer Surftechnik (“Drop Knee Turns” fallen einem hier direkt ein), können dies aber zu ihrem Vorteil nutzen und mit entsprechender Positionierung und Power in den Beinen sehr enge Turns surfen. Weniger versierte Surfer sind meistens mit einem 1+2 Set-up mit kleinen Side Bytes besser beraten!

Bonzer

Bonzer bezeichnet sowohl ein Surfboard Shape als auch ein Fin Set up. Beim Bonzer 5 kommen vier kleine Seitenfinnen mit extremen Cant (Winkel zum Board) zum Einsatz. Im Gegensatz zu Quad Finnen werden beim Bonzer 5 die kleineren Finnen nach vorne gesetzt und die größeren nach hinten. Das Bonzer 3 hat zwei Seitenfinnen mit extrem langer Base. Ergänzt werden die Seitenfinnen bei beiden Varianten dann durch eine mittelgroße Center Finne.

Dieses Set-up ist ausschließlich bei Bonzer Wellenreitern zu finden und bietet im Zusammenspiel mit tiefen Channels extrem viel Drive.

Du kennst nun die verschiedenen Finnen Systeme und hast die Vor- und Nachteile verschiedener Fin Set-ups kennengelernt. Aber wie sollst du nun das richtige Finnenset für dich aus der riesigen Auswahl unterschiedlicher Modell herausfinden? Damit wollen wir uns im Finnen Know How - Teil 2 beschäftigen, wo es um Finnen Größe, Finnen Material und Finnen Shapes gehen wird!